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Umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung auch bei fehlendem Umsatz im Gründungsjahr anzuwenden

Als sog. Kleinunternehmer werden im Umsatzsteuerrecht Unternehmer bezeichnet, deren Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer im Vorjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen wird. Kleinunternehmer dürfen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, können gleichzeitig aber auch keinen Vorsteuerabzug aus ihren Eingangsrechnungen geltend machen.

Das Thüringer Finanzgericht hat entschieden, dass die Umsatzgrenze von 17.500 € auch maßgeblich ist, wenn im Gründungsjahr lediglich Vorbereitungshandlungen, aber noch keine Umsätze getätigt werden. Der Unternehmerbegriff sei für Zwecke der Kleinunternehmerregelung ebenso auszulegen wie für Zwecke des Vorsteuerabzugs.

Beispiel:

A gründet im Dezember 2015 ein Unternehmen, indem er einen Büroraum anmietet, Bürogegenstände einkauft und erste Konzepte erarbeitet. Ausgangsumsätze werden erstmals in 2016 in Höhe von 30.000 € getätigt.

Auch ohne Erzielung von Einnahmen ist A aufgrund der Vorbereitungshandlungen bereits in 2015 Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne. Da sein Umsatz in 2015 0 € beträgt und im Folgejahr über 17.500 €, aber unter 50.000 € liegt, kann er die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Auf seine Umsätze des Jahrs 2016 wird keine Umsatzsteuer erhoben. Eines Antrags bedarf es hierfür nicht. Lediglich der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist gegenüber dem Finanzamt zu erklären.

Wäre A erst ab 2016 als Unternehmer anzusehen, käme die Kleinunternehmerregelung nicht zur Anwendung, da die Umsätze in diesem Jahr über 17.500 € liegen.

Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für die Unterbringung von Angehöri-gen in einem Pflegeheim

Die in einem Haushalt entstehenden Aufwendungen für die Beschäftigung von Arbeitnehmern (z. B. einer Haushaltshilfe) sowie für die Inanspruchnahme von Dienst- und Handwerkerleistungen sind in bestimmtem Umfang bei der Einkommensteuer abzugsfähig:

  1. a) Für die Beschäftigung von Aushilfskräften auf geringfügiger Basis, d. h. bis zu einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450 €, verringert sich die Einkommensteuer um 20 % der Aufwendungen, höchstens 510 € jährlich.
  2. b) Für nicht geringfügige haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisses, die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen (z. B. die Beauftragung eines selbstständigen Fensterputzers) oder Pflege- und Betreuungsleistungen, verringert sich die Einkommensteuer um 20 % der Aufwendungen, höchstens 4.000 € jährlich.
  3. c) Bei der Inanspruchnahme handwerklicher Dienstleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen verringert sich die Einkommensteuer um 20 % der Aufwendungen, höchstens 1.200 € jährlich.

Zu den unter b) fallenden Aufwendungen gehören auch Pflege- und Betreuungsleistungen in einem Seniorenheim, soweit der Bewohner dort einen eigenen Haushalt führt. Dieser wird anerkannt, wenn die Wohnung über ein eigenes Bad, eine Küche, einen Wohn- und einen Schlafbereich verfügt und individuell nutzbar (abschließbar) ist.

Nach einem Urteil des Hessischen Finanzgerichts können Pflege- und Betreuungskosten grundsätzlich wahlweise von der die Kosten tragenden als auch von der gepflegten Person geltend gemacht werden. Entstehen sie allerdings im Zusammenhang mit der Unterbringung in einem Pflege- oder Seniorenheim, können die Aufwendungen nach Auffassung des Gerichts nur von der pflegebedürftigen Person in Abzug gebracht werden. Doch fehlt es im vorliegenden Fall an einem Haushalt in o. g. Sinne.

Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.

Pauschale Einkommensteuer für Geschenke an Geschäftsfreunde ist nicht abziehbar

Geschenke an inländische Geschäftsfreunde unterliegen beim Empfänger der Einkommensteuer. Damit das Geschenk seinen Zweck erfüllt, kann der Schenkende die Steuer dafür pauschal übernehmen und den Beschenkten dadurch von seiner Steuerpflicht freistellen. Übersteigt der Wert des Geschenks 35 €, darf der Schenkende seine Aufwendungen nicht als Betriebsausgabe abziehen. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass in den Betrag von 35 € auch die pauschale Steuer einzubeziehen ist.

Ein Konzertveranstalter hatte Freikarten an seine Geschäftspartner verteilt. Soweit ihnen dadurch steuerpflichtige Einnahmen zugeflossen sind, übernahm er pauschal die Einkommensteuer von 30 % und führte sie an das Finanzamt ab. Diese Steuer hat der Bundesfinanzhof als ein weiteres Geschenk beurteilt. Sie wird steuerlich so behandelt wie das Geschenk selbst. Sind die Kosten für das Geschenk nicht abziehbar, gilt das auch für die übernommene Steuer.

Ein Betriebsausgabenabzug kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Grenze von 35 € erst durch die Pauschalsteuer überschritten wird.

Wann sind Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer umsatzsteuerfrei?

Die Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Die Steuerbefreiung gilt für selbstständige Lehrer, die an anerkannten Hochschulen, an öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder an bestimmten anderen Bildungseinrichtungen Unterrichtsleistungen erbringen. Wird der Unterricht an privaten Bildungseinrichtungen erteilt, ist eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde erforderlich. Es muss bescheinigt sein, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet.

In einem vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Fall hatte die zuständige Landesbehörde weder den Auftraggebern noch dem Lehrer bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder auf eine abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Gericht entschied, dass die Unterrichtsleistungen des Lehrers umsatzsteuerpflichtig sind.

Eine Umsatzsteuerfreiheit nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie kommt nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht in Frage, da der Lehrer seine Unterrichtsleistungen ausschließlich im Rahmen der von seinen Auftraggebern angebotenen Lehrveranstaltungen erbrachte.

Strenge Anforderungen an die Schriftform bei Befristung von Arbeitsverträgen

Die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform für die Befristung von Arbeitsverträgen dient dem Zweck, dem Arbeitnehmer die Bedeutung der Befristung deutlich vor Augen zu führen. Deshalb stellt die Rechtsprechung an die Einhaltung dieser Form besonders hohe Ansprüche. So auch in einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall, in dem eine Universitätsverwaltung einem zukünftigen Mitarbeiter zwei zunächst nicht unterschriebene Exemplare eines befristeten Arbeitsvertrags aushändigte. Der Mitarbeiter unterschrieb beide Formulare und reichte sie in der Erwartung an die Universitätsverwaltung zurück, von dieser vor Vertragsbeginn ein gegengezeichnetes Exemplar zurück zu erhalten. Als dies nicht geschah, trat der Mitarbeiter seinen Dienst dennoch an. Die auch von der Universität unterzeichnete Vertragsurkunde ging ihm erst nach Aufnahme der Tätigkeit zu. Später berief er sich darauf, dass die in dem Vertrag enthaltene Befristung unwirksam sei und dass zwischen der Hochschule und ihm deshalb ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.

Das Bundesarbeitsgericht gab ihm Recht und verwies darauf, dass das von der Hochschulverwaltung gegengezeichnete Vertragsexemplar, welches die Befristungsabrede enthielt, dem Kläger vor Vertragsbeginn, das heißt hier vor Aufnahme seiner Tätigkeit, hätte zugehen müssen, um die Schriftform zu wahren.

Haftung für Unfall bei einem Spurwechsel im Reißverschlussverfahren

Nach der Straßenverkehrs-Ordnung darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kommt es bei einem Fahrstreifenwechsel zu einer Kollision zweier Fahrzeuge, so ist, vorbehaltlich des Beweises des Gegenteils, grundsätzlich davon auszugehen, dass der Fahrer des die Spur wechselnden Fahrzeugs seine Sorgfaltspflichten verletzt hat.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München gilt das auch dann, wenn der Spurwechsel im sog. Reißverschlussverfahren erfolgt. In einem solchen Fall tritt die Betriebsgefahr des auf der Zielspur befindlichen Fahrzeugs hinter das Verschulden des Spurwechslers zurück, der Spurwechsler haftet vollumfänglich.

Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen wiederkehrende Leistungen

In zwei Fällen entschied der Bundesfinanzhof über die Besteuerung der bei einer vorweggenommenen Erbfolge gezahlten wiederkehrenden Leistungen.

In beiden Fällen erhielten die Söhne den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Eltern, die sich ein lebenslängliches Wohnrecht vorbehielten. Im ersten Fall übernahm der Sohn die Kosten für Schönheitsreparaturen, Heizung, Strom, Wasser, Abwasser und Müllabfuhr, verpflichtete sich zur Verpflegung der Eltern am Familientisch, zum Wäsche waschen und putzen, zur persönlichen Pflege von max. 1,5 Stunden täglich und zur Zahlung von monatlich 300 €. Die Höhe der Zahlung sollte von der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung, der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards und der Leistungskraft des Erwerbers, insbesondere der Gewinnentwicklung des ihm übertragenen Objekts abhängig sein.

Im zweiten Fall waren keine persönlichen Pflegeleistungen vereinbart, ebenso keine Instandhaltungs- und Erhaltungspflichten. Die Abänderbarkeit der laufenden Zahlungen war mit einer Wertsicherungsklausel vergleichbar, d. h., sie war von Voraussetzungen abhängig, die so nicht zum Tragen kommen konnten.

Die nur wenig unterschiedlichen Regelungen führten zu unterschiedlichen Ergebnissen vor dem Bundesfinanzhof. Wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sind beim Übergeber kein Veräußerungsentgelt, sondern wiederkehrende Bezüge. Beim Übernehmer sind sie keine Anschaffungskosten, sondern Sonderausgaben. Unterschieden werden die Sonderausgaben nach dauernden Lasten, die voll abziehbar sind, und Leibrenten, die nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden können.

Dauernde Lasten sind die wiederkehrenden Sach- und Geldleistungen nur, wenn sie abänderbar sind. Das bejahte der Bundesfinanzhof im ersten Fall, weil eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers vorgesehen war.

Die jährliche Zahlung im zweiten Fall konnte nur mit dem geringeren Ertragsanteil berücksichtigt werden.

Die Urteile betrafen die Rechtslage bis zum 31.12.2007.

Hinweis: Für Versorgungsleistungen, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen, kommt es auf die Unterscheidung zwischen Renten und dauernden Lasten nicht mehr an. Die Versorgungsleistungen sind anlässlich einer begünstigten Vermögensübertragung beim Verpflichteten in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar.

Gewinnerzielungsabsicht eines nebenberuflich von einem Arbeitnehmer betriebenen Gewerbebetriebs

Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ist – wie bei allen Gewinneinkunftsarten – Voraussetzung für die Berücksichtigung positiver als auch negativer Einkünfte das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht. Erforderlich ist die Absicht, das Betriebsvermögen zu mehren, also Gewinne zu erzielen. Es ist nicht auf die einzelne Gewinnermittlungsperiode abzustellen, sondern auf den gesamten Zeitraum der unternehmerischen Tätigkeit. Eine Gewinnerzielungsabsicht verlangt die Absicht, von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation, einen Totalgewinn zu erzielen. Neben den laufenden Periodenergebnissen sind in die Berechnung des Totalgewinns auch Veräußerungs- und Aufgabegewinne einzubeziehen.

Ein angestellter Dachdecker übte seine nichtselbstständige Tätigkeit in Bayern aus. In seinem weit vom Arbeitsort entfernten Heimatort arbeitete er nebenberuflich als selbstständiger Dachdecker. Entgeltliche Dachdeckerarbeiten erbrachte er nur gegenüber Freunden und Verwandten. Da er seine selbstständige Tätigkeit nur an Wochenenden und im Urlaub ausübte, konnte er keine größeren Aufträge ausführen. Seine Betriebseinnahmen waren so gering, dass er über einen Zeitraum von zehn Jahren Verluste erzielte. Erst danach erwirtschaftete er Gewinne.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts bejahte das Finanzgericht Berlin‑Brandenburg die Gewinnerzielungsabsicht und ließ die Berücksichtigung der Verluste als negative Einkünfte zu. Wegen der fehlenden Möglichkeit, größere Aufträge anzunehmen, ließen sich positive Einkünfte häufig erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen. Aus der Tatsache einer mehrjährigen Verlustphase lasse sich nicht der Schluss ziehen, es fehle an einer Gewinnerzielungsabsicht.

Unwahre Behauptungen in Bewertungsportalen

In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nahm eine Klinik den Betreiber eines Internetportals, in das Patienten ihre Bewertung von Kliniken einstellen können, auf Unterlassung von Äußerungen eines Patienten in dem Portal in Anspruch. Konkret hatte ein in der Klinik operierter Patient in dem Portal behauptet, dass es bei dem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen sei. Das Klinikpersonal sei mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen, was beinahe zu seinem Tod geführt habe.

Nach Aufforderung zur Entfernung des Beitrags aus dem Portal nahm der Betreiber ohne Rücksprache mit dem Patienten Änderungen an dem Text durch Einfügung eines Zusatzes und Streichung eines Satzteils vor. Er teilte der Klinik diese Änderungen sowie seine Auffassung mit, dass „weitere Eingriffe“ nicht angezeigt erscheinen.

Das Gericht gab der Unterlassungsklage statt. Nach Auffassung des Gerichts hat der Betreiber durch die vorgenommenen Änderungen die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen, bei denen es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen handelte, übernommen.

Erlass von Säumniszuschlägen wegen sachlicher Unbilligkeit bei vorherigem erfolglosem Aussetzungsantrag

Säumniszuschläge sind ein Druckmittel der Finanzverwaltung, durch das die rechtzeitige Zahlung festgesetzter Steuern erreicht werden soll. Säumniszuschläge werden grundsätzlich ab Fälligkeit der Steuerschuld berechnet. Für jeden angefangenen Monat der Säumnis ist ein Zuschlag von 1 % des rückständigen auf 50 € abgerundeten Steuerbetrags zu entrichten. Die Erhebung von Säumniszuschlägen kann sachlich unbillig sein. Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Erlass der festgesetzten Zuschläge möglich.

Nach einem Urteil des Finanzgerichts Köln sind Säumniszuschläge in vollem Umfang zu erlassen, wenn eine rechtswidrige Steuerfestsetzung aufgehoben wird und der Steuerpflichtige zuvor alles getan hat, um eine Aussetzung der Vollziehung der Steuer zu erreichen. Wird der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, obwohl möglich und geboten, vom Finanzamt abgelehnt, ist eine zusätzliche Antragstellung beim Finanzgericht nicht erforderlich.

Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.

Erläuterung: Ein Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Trotz Einlegung eines Einspruchs muss der Steuerpflichtige die streitige Steuerschuld zum Fälligkeitstag zahlen. Auf Antrag kann die Finanzbehörde jedoch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids aussetzen. Eine Aussetzung der Vollziehung ist u. a. möglich, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen. Wird die Aussetzung gewährt, muss der Steuerpflichtige bis zur Erledigung des Verfahrens nicht zahlen. Hat der Einspruch keinen Erfolg, ist der ausgesetzte Steuerbetrag allerdings zu verzinsen.